Tagebucheintrag von Lilac LaRoux


"Liebe Erinnerungen,
ich denke an euch stets mit gemischten Gefühlen. Am liebsten möchte ich diese grausame Zeit vergessen und wieder das kleine Mädchen von Corinth ohne Sorgen sein, die kleine rothaarige Lilac LaRoux, die nur ein Wort sagen musste, um alles zu bekommen. Denn jeder in der Galaxie kennt die einzige Tochter des mächtigen Leiter von LaRoux Industries, Roderick LaRoux – Meinem alleinerziehenden Vater. Trotzdem brachte mein Absturz von dem Raumschiff Icarus auf den halb-terraformierten Planeten auch etwas Gutes mit sich. Ich fand die Liebe meines Lebens, Mayor Tarver Merendsen. Er ist ein gefeierter Kriegsheld, obwohl er erst 18 und ein Lehrerssohn ist. Seine Mutter kannte ich überraschender Weise schon vor ihm – Sie ist eine bekannte Dichterin namens Emily Davis und lebt mit ihrer Familie in einem Landhaus umgeben von Mohn. Tarvers Bruder Alec ist vor Jahren im Krieg gefallen. Aus Frust kämpfte sich Tarver in kürzester Zeit auf dem Rang eines Mayors. In seiner Laufbahn war er unter anderem auch als Captain an der Front auf Avon stationiert.
Auf jeden Fall reiste er auch auf der Icarus, als sie aus dem Hyperspace gerissen, ich von meinen Freundinnen getrennt wurde und wir zu zweit in einer Unterschicht-Rettungskapsel unterkamen, welche ich kurzschließen musste. Später fand ich heraus, dass genau das unser Leben gerettet hatte, denn genauso wie unsere Kapsel steckten auch die anderen fest. Zum Glück hat mir mein Kindheitsfreund und erste große Liebe, Simon, alles über Technik beigebracht, sodass wir uns von der Icarus loseisen konnten. Simon – Ich denke immer noch an dich. Hätte ich dich nicht geliebt, wärst du noch am Leben. Als mein Vater von ihm spitz bekam, schob er ihn aus dem Sichtfeld, indem er ihn in den Krieg einberufen ließ. Angeblich lag es an einem Systemfehler, dass er direkt an der Front landete. Aber mein Vater hat ja generell so einige Geheimnisse vor mir…
Er hat mir auch verheimlicht, dass er auf einem Planeten Experimente mit Wesen macht, die er aus einer anderen Dimension durch einen Spalt gezogen hat. Die „Stimmen“ sind körperlos, energiebasiert und haben die Fähigkeiten in den Geist einzudringen und aus Energie Gegenstände zu materialisieren. Dumm nur, dass wir genau auf diesem Planeten abstürzen mussten, oder Dad?
Den Planet selber war unbewohnt, obwohl schon erste Terraformierungs-Versuche stattgefunden hatten, welche offensichtlich wegen den Stimmen eingestellt wurden. So bekamen wir bei der Landung auch keine Hilfe und mussten uns die Notfallnahrung nehmen und in die Richtung des Icarus-Wracks wandern. Ich war ja dafür, in meinem grünen Kleid und High-Heels auf Rettung zu warten, aber im Nachhinein bin ich Tarver unglaublich dankbar, dass er mich mitgeschleppt hat. Er ist schließlich zu so etwas ausgebildet worden und hat sich auch bei dem Kampf mit der Raubkatze beweisen können, die mich in einem Haps verschlingen wollte. Schon bald hört ich das erste Mal die Stimmen, die mich zu einer abgestürzten Kapsel mit Toten leiteten, die Tarver  daraufhin begraben hat. Auch die Nahrung ging uns aus und wir mussten auf Pflanzen und gejagte Tiere umsteigen. Als ein Unwetter über uns her zog, kamen wir in einer Höhle unter, wo ich auch endlich meine Würde ablegte und einen Mechaniker-Anzug anzog. Als wir weiterziehen konnten, kamen wir ziemlich schnell an der Icarus an – Oder was davon übrig geblieben ist. Die Kleidung in dem Wäscheraum und die Nahrung waren zum Glück unbeschädigt und wir konnten es zu unseren Vorteil nutzen. Schnell tauchten auch die Stimmen wieder auf und materialisierten uns ein Abbild von Tarvers verlorengegangenen Trinkflasche. Ich war in dem Moment so glücklich, jedoch blieb es nicht lange dabei. Tarver erlitt eine Infektion und driftete ins Delirium ab. Ich habe mich noch nie so hilflos gefühlt. Ich hatte stets alles, was ich brauchte und noch mehr, ich hatte nie Sorgen. Doch da erkannte ich, wie verletzlich ich wirklich war.
Die Icarus war voller Leichen. Unter denen auch ich hätte sein können – eine namens- und identitätslose Tote. Dennoch fand ich auch Antibiotika und Tarver ging es dadurch besser. Wir verließen also das Wrack, unsere Hoffnung auf Hilf hatte sich in Luft aufgelöst. Die Stimmen leiteten uns wieder zu einer verschlossenen Beobachtungsstation, die sich später als eine Art Labor für die Experimente meines Vaters herausstellte. Also probierte ich Zündschnüre aus dem Schuppen aus und kam bei der Sprengung der Tür um mein Leben. Alles war dunkel und Tarver hegte währenddessen Selbstmordgedanken. Wie ich noch hier sein kann? Die Stimmen erschufen meinen Körper neu und wir erforschten so das Gebäude gemeinsam. Auffällig war, dass es Strom gab, aber keinen Generator. Die Energiequelle fanden wir hinter einer verschlossenen Tür im Keller – Es waren die Wesen selbst. Sie hatten uns geholfen, uns geleitet und Dinge materialisiert, damit wir sie finden und erlösen. Doch nichts, was sie erschaffen, ist von Dauer. Die Wissenschaftler hatten einen Spiegelmond in der Laufbahn um den Planten installiert, um einen Riss in der Dimension zu erzeugen. Wie im Hyperspace. So hatten sie die Wesen durch einen Dimensionsspalt gezogen und in einem Stahlring gefangen.
Endlich hatten wir die Möglichkeit, ein Notsignal zu senden, aber es verlangte den Wesen zu viel Energie ab, dass ich verschwunden wäre. Generell war es nur eine Frage der Zeit, bis ich wieder verblasst worden wäre. Doch Tarver sprang mit mir in den Spalt und dadurch wurde ich… verändert. Dabei erfüllten wir den Wesen den Wunsch, nach Hause zu gehen und lösten gleichzeitig einen Druckwelle aus, die einen Suchtrupp aufmerksam machte. Als ich meinen Vater wiedersah, wollte er, dass ich vorgab, nicht die Freundin von Tarver zu sein, doch wir hatten nun ein Druckmittel – Sein so gut gehütetes Geheimnis lag nun in unseren Händen und wir hatten eine gewisse Macht. Zumindest so viel, dass es Tarver nicht wie Simon erging. Doch es gelang ihm trotzdem seine Spuren zu verwischen und den Planeten von jedem Radar verschwinden zu lassen, als hätte es ihn nie gegeben.
Liebe Erinnerungen, ich möchte euch am liebsten vergessen, aber auch nie loslassen. Ihr habt mich verändert, mich dazu gebracht, über mich herauszuwachsen, mir aber auch Probleme bereitet. Trotz allem möchte ich euch niemals verlieren."

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